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Trauen wir Gott mehr zu…

„Der gute Hirt von Vézelay“,
Kapitell in der Basilika Sainte Madeleine.

Kreuzzeichen

Lied

z.B. Gotteslob 456 (Herr, du bist mein Leben)

Gebet

Barmherziger Gott, heute bitte ich dich, bleib an meiner Seite, wenn mein Weg schwierig wird. Gib mir Vertrauen, Stärke und das sichere Gespür für einen guten Weg in meine Zukunft. Darum bitte ich dich durch deinen Sohn, Jesus Christus, der mit dir lebt und Leben schenkt in Ewigkeit. Amen.

Evangelium vom 5. Fastensonntag (Lesejahr A)

Joh 11,1-45 oder
Joh 11, 3-7.17.20-27.33b-45 (Kurzfassung)

Impuls: Trauen wir Gott mehr zu!

Trauen wir Gott mehr zu! Das ist für mich die Kernaussage dieses Sonntagsevangeliums. Das vorliegende Evangeliumserzählung von der Auferweckung des Lazarus ist reichhaltig und böte viele weitere Anknüfpungspunkt. Trotzdem soll der folgende Impuls eine Ermutigung in diese Richtung sein – Trauen wir Gott mehr zu! – und eine Verbindung zu dem Bild auf der Vorderseite, auf dem Jesus Judas auf den Schultern trägt, beleuchten.

Trau Gott mehr zu! Diese Aufforderung wird schon zu Beginn des vorliegenden Evangeliums deutlich, im Genaueren in der erstmal irritierenden Aussage Jesu über den Tod seines Freundes Lazaraus:

„Diese Krankheit wird nicht zum Tod führen, sondern dient der Verherrlichung Gottes“. „Wie bitte?“, wäre da meine erste Reaktion. Hat Jesus nicht verstanden, was da grade passiert ist. Die Rede von der Verherrlichung kann in diesem Moment, in dem emotional bei Vielen sicherlich die schmerzliche Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen überwiegt, für manchen vielleicht sogar unangemessen oder geistlich verklärt wirken. Doch Jesu Botschaft ist weder weltfremd noch verklärt. Sie ist klar und eindeutig und sagt uns: Gott kann viel mehr als wir ihm oft zutrauen. Die Rolle Jesu dabei ist, dass durch ihn diese Kernbotschaft deutlich, sichtbar, konkret wird. Jesus ist sozusagen das bevorzugte Medium Gottes, durch das er seine besondere Macht offenbart. In der Erzählung ist ganz eindeutig, dass Gott der Handelnde ist. Es ist Gott, der – durch Jesus – Lazarus auferweckt („Jesus aber erhob seine Augen und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast.“). Damit tritt der Auftrag Jesu in dieser Evangeliumserzählung besonders klar zutage: Zu bezeugen, Gott kann mehr. Mehr als wir ihm oft zutrauen. Jesus erinnert uns im heutigen Evangelium daran und stößt damit auch uns an, Gott in unserem eigenen Leben wieder mehr zuzutrauen. In diesem Sinne lässt sich auch seine etwas forsch wirkende Zurechtweisung an Marta zu verstehen: „Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ Die Aufforderung an Marta ist also: Lass Gott doch in deinem Leben wieder mehr Spielraum! Nehmen wir diesen Impuls aus dem Evangelium heute auch für unser eigenes Leben, unsere eigene Situation mit: Zu fragen, wo kann ich Gott in meinem Leben mehr zutrauen?

Grade in dieser Zeit, die uns äußerlich stark beschränkt, kann das ein hilfreicher Impuls sein, um eine innere Weite und Freiheit zu erlangen: Hilfreich kann er beispielsweise sein in dieser belastenden, weil unbekannten Zeit der aktuellen Corona-Krise. Er kann helfen, sie bewusst auszuhalten und sich bei aller Ernsthaftigkeit der Lage nicht von der Angst leiten zu lassen. Er kann helfen in dem Zuspruch, dass wir nicht allein sind. Vertrauen wir darauf: Gott geht mit, egal was kommt. In so einer Haltung können wir in dieser Zeit auch Hoffnung und Zuversicht für andere ausstrahlen.

Hilfreich kann der Impuls aber auch mit Blick auf unsere Verstorbenen sein: Trauen wir Gottes Zusage! Sprechen wir es nicht nur – wie z.B. im Glaubensbekenntnis – aus, sondern trauen wir Gott auch wirklich zu, dass unsere Verstorbenen nun ganz bei ihm, in seiner grenzenlosen und über das irdische Leben hinausreichenden Gegenwart leben!

Hilfreich kann der Impuls, Gott mehr zuzutrauen aber auch mit Blick auf die Frage nach Versöhnung und Neuanfang sein. Erfahrungen von scheinbar unlösbarem Streit oder scheinbar unverzeihbarer Dinge – seien sie von uns selbst zugefügt oder uns zugefügt worden – sind Teil des Leben vieler (mir bekannter) Menschen. Im Folgenden möchte ich Sie einladen, mit Blick auf diese großen oder weniger großen „dunklen Flecken“ in Ihrem Leben auf Gott zu schauen. Schauen Sie dazu auf die „Seite“ Gottes, wo er sich mit seiner grenzenlosen Barmherzigkeit zeigt. Um das leichter umsetzen zu können, habe ich Ihnen ein Bild von einem besonderen Kapitell mitgebracht. Es stammt aus der Kathedrale Sainte Madeleine in dem Ort Vézelay (Frankreich). Es ist auf den ersten Blick kaum erkennbar, weil ziemlich weit oben an einer Säule angebracht. Doch was es zeigt, ist unglaublich ermutigend und revolutionär: Jesus trägt darauf Judas auf den Schultern. Und er trägt ihn nicht einfach so, sondern er trägt ihn „nach Hause“, er selbst trägt Judas zu „Gott-Vater“. Eigentlich ein völlig undenkbarer Gedanke, denn über Judas ist nur Weniges geschrieben, dies aber gilt traditionell als klar: Er ist verloren. Für ihn kann es keine Rettung geben („Weh dem Menschen, durch den er [Jesus] verraten wird.“ (Lk 22,22). Aber auch hier ist die Botschaft dieses Kapitells dieselbe wie im Evangelium: Für Gott ist mehr möglich! An Jesus, der Judas trägt, wird deutlich, dass für Gott nicht einmal Judas verloren sein muss. Gott kann mehr. Selbst Judas retten.

Ich lade Sie nun ein, das obige Bild ein paar Minuten zu meditieren und es auf sich wirken zu lassen. Wenn es Ihnen möglich ist, hören Sie sich dazu ein meditatives Stück an, beispielsweise das Lied „Dans nos obscurités“ aus Taizé.

– ca. 3-5 Minuten Bildbetrachtung –

Zum Abschluss möchte ich die Botschaft des Kapitells nochmals auf uns und unser Leben übertragen: Vielleicht gibt es Verfehlungen in unserem Leben, die uns unverzeihlich, unvergebbar erscheinen. Vielleicht gibt es Schuld, mit der wir uns arrangiert haben, auch weil sie schon lange zurückliegt. Für Gott ist nichts unmöglich, nichts unvergebbar – auch nach noch so langer Zeit nicht. Bitten wir ihn darum. Bitten wir ihn (erneut) um Vergebung und einen Neuanfang. Papst Franziskus ermutigt uns dazu, wenn er sagt: „Gott wird es nie müde, uns zu vergeben, nie! […] doch wir werden bisweilen müde, die Vergebung zu erbitten“1.

Gebet

Herr, erbarme dich aller, die umkehren und neu anfangen wollen.

Wir danken dir, dass du von Schuld und Sünde

befreist und Vergebung schenkst.

Ermutige uns, einander die Schuld zu verzeihen.

Lege deine Gedanken der Versöhnung in unser Herz,

damit wir zueinander und zu dir finden.

Mache uns zu Zeugen deiner Barmherzigkeit.

Vater unser

Segen

Herr, ich bitte dich:

Segne uns und alle, die mir/uns wichtig sind und an die ich/wir denken.

Darum bitte ich dich, allmächtiger und barmherziger Gott,

durch deinen Sohn Jesus Christus im Heiligen Geist.

Amen.

Sonntagsandacht für den 29. März 2020, 5. Fastensonntag

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